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Der O-Ring-Leitfaden: Alles, was Sie über Nut, Grösse und Anwendung wissen müssen

O-Ringe sind die am häufigsten verwendeten Dichtungen für statische und dynamische Anwendungen. Neugierig, warum ein O-Ring so vielseitig ist? Und was Sie wirklich wissen sollten, um den passenden O-Ring auszuwählen? Die Auswahl des passenden O-Rings ist nur der erste Schritt. Sie sollten Montage und Lagerung auch auf keinen Fall vergessen. Die Funktion eines O-Rings hängt davon ab, wie gut er in die Nut der Gegenfläche passt. Achten Sie darauf, dass die O-Ringe richtig passen und beugen Sie so Leckagen vor.

Was ist ein O-Ring?

O-Ringe funktionieren in zwei Richtungen. Durchmesser und Form sind rund. O-Ringe werden in der Regel aus Gummimaterial (Elastomer) hergestellt. Ausserdem gibt es O-Ringe aus PTFE (Kunststoff) oder Metall.

Die Dichtungskapazität entfaltet sich durch die Materialverformung während der Montage des O-Rings und durch den Druck, der im Anwendungssystem auf den O-Ring ausgeübt wird. Durch diesen Druck wird der Spalt zwischen den beiden Gegenflächen komplett abgedichtet.

2 wichtige Aspekte bei Auswahl eines O-Rings:

  1. Berechnung der Nutgrösse und O-Ring-Grösse
  2. Auswahl des geeigneten Materials

Nutgrösse und O-Ring-Grösse berechnen

Sie müssen wissen, wie breit und tief die Nut ist, für die der O-Ring verwendet wird. Ansonsten können Sie die O-Ring-Grösse nicht ordnungsgemäss berechnen. In den meisten Fällen haben Sie die Nut für den O-Ring bereits vor der Auswahl des O-Rings berechnet.

Wichtig für die Berechnung der O-Ring-Grösse und O-Ring-Nut:

  • Die Breite der Nut muss grösser sein als die Tiefe. Mit anderen Worten: Die Nut ist rechteckig und nicht quadratisch. Ein O-Ring wird in der Regel von oben (axial) in die Nut gedrückt. Da ein O-Ring nicht zusammengedrückt, sondern nur verformt werden kann, muss für dieses Volumen Platz vorhanden sein. Ganz wichtig: In der Nut muss es Spielraum geben. Ist die Nut nicht breit genug? Dann wird der O-Ring in eine quadratische Form gedrückt und dichtet nicht mehr gut ab.
  • Der Durchmesser des O-Rings muss mindestens 15 % kleiner sein als der Raum der Nut. Bei einer kleineren Marge erhöht sich das Risiko, dass der O-Ring beschädigt wird. 
  • Berechnung der Tiefe der O-Ring-Nut. Die Nuttiefe entscheidet über die Kompression des O-Rings. Berücksichtigen Sie bei Ihren Berechnungen immer auch den Spalt (clearance gap). Eine O-Ring-Nut muss rechteckig sein.

Möchten Sie die Grösse von O-Ring und Nut selbst berechnen? Der O-Ring-Rechner hilft Ihnen dabei.

Anwendungen, die sich auf den O-Ring auswirken

Rubber sealing

O-Ringe eignen sich für statische und dynamische Anwendungen. Der Begriff «statisch» bzw. «dynamisch» verweist auf die Bewegung der Gegenfläche. Bei einer statischen Anwendung bewegen sich die Gegenflächen im Gegensatz zu einer dynamischen Anwendung nicht. Der O-Ring selbst bewegt sich nie.

Berücksichtigen Sie bei der Auswahl des passenden O-Rings auf jeden Fall die Kompressionsrate. Eine zu hohe Kompression kann den O-Ring beschädigen. Zu wenig Kompression verhindert die ordnungsgemäße Abdichtung.

Hinweis: Verwechseln Sie die Kompressionsrate nicht mit dem Begriff Compression Set («Druckverformung»). Die Kompressionsrate bezeichnet die Verformung des O-Rings. Die Druckverformung bezieht sich auf die Elastizität des Materials.

Empfohlene Kompression:

  • 15 % bis 25 % bei statischen Anwendungen. Bei Vakuumanwendungen kann die Kompression noch höher ausfallen. Bei mehr als 25 % wird der O-Ring zusätzlichem Druck ausgesetzt. Das kann frühzeitige Schäden zur Folge haben.
  • 8 % bis 16 % bei dynamischen Anwendungen. Durch Reibung und Verschleiss werden kleinere Durchmesser bis zu 20 % zusammengepresst.

Statische Anwendungen

Es gibt 3 Arten von statischen Anwendungen:

Axial

Der O-Ring-Durchmesser (siehe runde, schwarze Formen) wird axial in die Nut gedrückt.

Radial

Der O-Ring-Durchmesser (siehe runde, schwarze Formen) wird radial in die Nut gedrückt und zwar zwischen die Innenseite (Innendurchmesser bzw. ID) und Aussenseite (Aussendurchmesser bzw. AD).

Schwalbenschwanzverbindung

Der O-Ring (siehe runde, schwarze Formen) wird axial in die Schwalben-Schwanzverbindung gedrückt. Bei dieser Nutform wird der O-Ring stabil in der Nut eingeklemmt – eine praktische Lösung für Deckel oder Klappen, die regelmässig geöffnet werden.

Dynamische Anwendungen

Es gibt 3 Arten von dynamischen Anwendungen:

Hin- und hergleitend

Diese Dichtungen werden für hin- und hergleitende Anwendungen genutzt.
Diese Bewegung verursacht Reibung. Der O-Ring kann in einer Nut (Stangendichtung) in der Zylinderwand oder in der Kolbenfläche (Kolbendichtung) eingesetzt werden.

Oszillierend

Bei oszillierenden Anwendungen kommt es sowohl zu rotierenden als auch zu hin- und hergleitenden Bewegungen. Eine Ventilspindel ist ein Beispiel für eine oszillierende Anwendung.

Rotierend

Man spricht von einer rotierenden Anwendung, wenn es zwischen dem O-Ring und der Gegenfläche (Achse) zu rotierenden Bewegungen kommt.

Auswahl des O-Ring-Materials

Das Material des O-Rings muss zum Verwendungszweck passen. Meistens wird ein O-Ring aus Gummi (Polymer) hergestellt. Dieses Polymer besteht aus einer Mischung spezifischer Stoffe und wird als Komponente bezeichnet. Sie verleiht dem O-Ring die Eigenschaften, über die er für die entsprechende Anwendung verfügen muss. Dabei geht es beispielsweise um Chemikalienbeständigkeit, Eignung bei bestimmten Temperaturen, Härte (Shore A) und andere Aspekte.

Achten Sie bei der Materialauswahl auf Medien, Druck, Temperatur und die voraussichtliche Nutzungsdauer des O-Rings. Hier erfahren Sie mehr über diese 4 Faktoren für die Auswahl des richtigen Gummimaterials. Auch die Liste der Gummi-Polymere ist dabei eine gute Hilfe.

Chemikalienbeständigkeit von Gummi

Möchten Sie mehr über die Eignung und Chemikalienbeständigkeit von Gummisorten erfahren? Ziehen Sie dann den Leitfaden zur Chemikalienbeständigkeit (Chemical Resistance Guide) zu Rate. Mit diesem Tool können Sie die Medien auswählen, mit denen der O-Ring in Berührung kommt. Das Tool bietet eine Übersicht der Chemikalienbeständigkeit verschiedener Gummisorten.

Montage/Installation des O-Rings

Schadensprävention bei O-Ringen durch ordnungsgemässe Montage. Achten Sie bei der Montage immer auf folgende Aspekte:

  • Schmierung (Öl oder Fett)
  • Dehnungs- und Stauchungskapazität
  • Gutes Montageset

Schmierung (Öl oder Fett)

Die Verwendung von Fett erleichtert die Montage des O-Rings meistens erheblich. Die Schmierung reduziert die Reibung zwischen dem O-Ring und den Gegenflächen. Dadurch lässt sich der O-Ring leichter in die Nut montieren.

Die Schmierung verlängert ausserdem die Lebensdauer des O-Rings, da sie als Schutzschicht fungiert. Eine dünne Schicht aus Mineralöl, Fett, Silikonöl oder Anwendungsflüssigkeit reicht meistens aus. Achten Sie auf jeden Fall darauf, dass das verwendete Fett der verwendeten Gummisorte nichts anhaben kann. VMQ (Silikonkautschuk) ist beispielsweise nicht kompatibel mit Silikonfett. Der Grund: Gummi und Fett haben die gleiche Struktur. Dadurch kann der O-Ring das Öl aufnehmen, aufquellen und Schäden verursachen.

Kleben Sie O-Ringe niemals in die Nut. Ein O-Ring muss Spielraum haben und sich ausdehnen können.

Dehnungs- und Stauchungskapazität

Es kommt vor, dass ein O-Ring kleiner oder grösser als die Nut ist. Gummi ist natürlich ein elastisches Material. Darum ist das nicht unbedingt ein Problem. Es kann aufgrund der Nut oder des verfügbaren O-Rings auch eine bewusste Entscheidung sein. Die Lösung: Der Innendurchmesser (ID) kann durch vorsichtiges Dehnen oder Stauchen angepasst werden. Jedoch sollte der ID nicht mehr als 5 % gedehnt werden. Die Stauchung sollte nicht mehr als 3 % betragen. In beiden Fällen handelt es sich dabei um die Situation nach der Montage.

Während der Montage kann der O-Ring vorsichtig bis zu 50 % gedehnt werden. Warten Sie bis der O-Ring wieder seine ursprüngliche Form angenommen, bevor Sie die Anwendung in Betrieb nehmen. Die Dauer hängt von einer Reihe von Faktoren ab: z. B. Material, Anwendung und Umgebungseinflüsse (Temperatur usw.). Manche Materialien sind elastischer als andere – z. B. VMQ.

Gutes Montageset

Nicht passendes Werkzeug kann Montageschäden verursachen. Scharfe Teile können den O-Ring beschädigen. Verwenden Sie ein O-Ring-Montageset, wenn Sie O-Ringe montieren oder entfernen. Damit können Sie die O-Ringe leichter montieren und ohne Beschädigungen entfernen. Achten Sie auch darauf, den O-Ring nicht zu stark zu dehnen oder beim Einbau zu verdrehen.

Lagerung, Haltbarkeit und Schäden

Mit der richtigen Lagerung beugen Sie Beschädigungen am O-Ring vor. Achten Sie bei der Lagerung auf Folgendes:

    • Umgebungstemperatur (nicht höher als 25 °C)
    • Luftfeuchtigkeit (Lagerung in einer trockenen Umgebung)
    • Schutz vor direktem Sonnenlicht, Ozon und (UV-)Strahlung
    • Schutz vor Flüssigkeiten, Gasen, Pulverstoffen, Metallen, Gummi usw.
    • Richtige Lagerungsmethode (O-Ringe niemals aufhängen oder knicken)
    • Gute Verpackung (O-Ringe immer in der Originalverpackung aufbewahren)

    Lagerfähigkeit von O-Ringen

    Wie jedes andere Produkt hat auch der O-Ring eine begrenzte Haltbarkeit. Sie bezieht sich auf die maximale Lagerfähigkeit, bevor der O-Ring nicht mehr verwendet werden kann. O-Ringe aus Gummi können länger gelagert werden.

    Ist das Haltbarkeitsdatum überschritten? Dann können sich die Eigenschaften des Elastomers verändern. Es kann zu Aushärtung, Brüchen und Rissen kommen. Die von ERIKS beschriebenen Lagerbedingungen entsprechen den ISO-2230-Anforderungen.

    Haltbarkeitsdauer pro Gummisorte

    Die maximale Haltbarkeit hängt von der jeweiligen Gummisorte ab. Die ISO-2230-Norm unterteilt sie in 3 Haltbarkeitsgruppen:

    Gruppe A

    5 Jahre + 2 Jahre Verlängerung

    • AU, EU

    Gruppe B

    7 Jahre + 3 Jahre Verlängerung

    • NBR
    • HNBR
    • CR

    Gruppe C

    10 Jahre + 5 Jahre Verlängerung

    • EPDM
    • FKM
    • VMQ

    FVMQ, Teflex® und Aflas® werden in der ISO 2230 nicht erwähnt. ERIKS empfiehlt jedoch, für diese Materialien die Spezifikationen von Gruppe C zu Rate zu ziehen. Auch auf die Haltbarkeit von PTFE wird nicht weiter eingegangen. Im Prinzip ist sie allerdings unbegrenzt.

    Beugen Sie Beschädigungen durch unsachgemässe Lagerung vor

    Hinweis: Der O-Ring kann während der Nutzung schweren Bedingungen ausgesetzt sein: Beispielsweise durch Chemikalien, Hochdruck oder andere Anwendungen. Das Material muss deshalb über optimale Eigenschaften verfügen. Unsere Empfehlung: Beschränken Sie die Aufbewahrungsdauer des O-Rings vor der Nutzung auf ein Minimum. Sie möchten natürlich, dass Ihr O-Ring so lange wie möglich und so optimal wie möglich verwendet werden kann. Es ist darum wichtig, Beschädigungen an O-Ringen zu erkennen, zu beheben und vor allem vorzubeugen.

    Normen und Standards

    Für O-Ringe gibt es eine Reihe von nationalen und internationalen Standards. Sie bezeichnen die Dimensionierung der O-Ringe: nämlich den Innendurchmesser x der Schnurstärke. Für die meisten O-Ringe von ERIKS gilt der AS568. AS ist die Abkürzung für «Aerospace Standard».

    Die ISO 3601-1 legt die Qualitätsanforderungen fest – z. B. die Materialtoleranzen eines O-Rings. Auch für die Produktion und die Kontrolle der Dimensionierung sowie der Mängel wird die ISO 3601-1 herangezogen.

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